Die CEBIT ist tot, es lebe die Learntec. Rekorde gibt es in diesem Jahr nicht nur bei den Ausstellern (340 in zwei Hallen), sondern gefühlt auch bei den Teilnehmern. Die Gänge sind voll, viele Stände musste ich mehrfach besuchen, bis ich endlich einen freien Mitarbeiter erwischt hatte. So soll es sein, so macht Messe Spaß!
Die Technik ist ausgereizt
Die Aussteller machen in den Unternehmen derzeit unisono eine Erfahrung: Die Kunden sind mittlerweile gut mit der nötigen Technik und Software ausgestattet. Viele haben schon ihr zweites oder drittes LMS. Sie wissen jetzt, was sie brauchen und was ihnen wichtig ist. Technische Neuerungen waren deshalb auf der Learntec kaum noch zu bestaunen. Die Zeit der technischen Spielereien ist derzeit mal wieder vorbei.
Künstliche Intelligenz
Prof. Dr. Ballod schätzte die Situation noch drastischer ein. Er hatte den Eindruck, dass auf der Messe zwar viel Hochglanz zu sehen ist, dabei aber meist nur Dinge aufpoliert werden, die eigentlich längst schon totgeritten sind. Das einzig wirklich neue Thema ist für ihn die Künstliche Intelligenz (KI) und besonders die wissenschaftliche Forschung dazu.
Tatsächlich gibt es mehrere Stände, die marktfähige Lösungen vorstellen, welche bereits mit KI arbeiten. So lernt bei Valamis die KI den E-Learning-Nutzer bereits vor dem Start des Lernprogrammes kennen und versucht durch gezielte Inhalte und Nutzerführung das Engagement im Lernprozess zu erhöhen. Bei area9 soll mit einem ähnlichen Vorgehen vor allem effizienter gelernt werden: Kurze Lernzeiten durch eine maximale Anpassung ans Vorwissen.
VR und einzelne Tools
Tatsächlich sind aber viele interessante Praxis-Anwendungen auf der Messe zu sehen. Virtual und Augmented Reality hatten in diesem Jahr einen eigenen Bereich auf der Learntec und waren insgesamt stark vertreten. Die Brillen werden vom Publikum gern ausprobiert und erste Unternehmensbeispiele klingen vielversprechend. Durchgesetzt hat sich die Technologie aber noch lange nicht. „Kein Wunder“, findet Lars Vesper von der DEKRA Media, „wenn die Brille dazu 8.000 Euro kostet und nur eine Akku-Laufzeit von 30 Minuten hat.“
Dabei ist das Lernen am Arbeitsplatz, das ja auch im Zentrum der VR-Anwendungen steht, aktuell hochinteressant. „Es geht weg vom Lernsilo LMS und hin zu integrierten Lernnuggets in bestehenden sozialen Plattformen oder Anwendungen“, ist sich Stephan Müller-Ziebur, CEO von Pokeshot, sicher. „Gerne auch komplett online-basiert ohne die herkömmlichen Player“, sagt Thomas Fabry, Sales Head von edudip.
Kunden orientieren sich um
Für die Kunden rücken aktuell zwei Fragen wieder stärker in den Vordergrund: Wie können wir die verschiedenen Tools und Formate sinnvoll mit unserer Bildungsstrategie verzahnen? Und was ist eigentlich mit den Inhalten?
Kaum ein Software-Haus, das heute nicht auch Beratungsunternehmen ist. Alle Beteiligten haben verstanden, dass die Einführung von Lernsoftware nicht nur erklärungsbedürftig ist, sondern dass sie nachhaltig in den Bildungsprozessen integriert werden muss.
Björn Carstensen von Lemon® stellt in seinem Schwerpunktgebiet des Mobile Learning zum Beispiel fest, dass die Technologie gut bei den Firmen angekommen ist, diese jetzt aber anspruchsvoller werden. Es sind deutlich mehr Interaktion, Kommunikation, intuitiveres Bedienen und höheres Lernengagement gefragt, als noch vor zwei oder drei Jahren. „Ein klassisches E-Learning einfach aufs Tablet gepackt reicht längst nicht mehr aus.“ Heute darf es auch gern mal lebendig und witzig sein, wie bei den Late Night Shows, die Neue Koordinaten als Vorbild für ihre Videos nutzt. Sicher ein besseres Tool im Change Management, als die hundertste CEO-Videobotschaft.
Ähnliches bestätigt auch Wolfgang Hanfstein von der Pink University. „Gute, funktionale Technik ist heute flächendeckend im Einsatz. Jetzt steigt die Nachfrage, nach hochwertigem, passendem Content.“ Eine schöne Entwicklung, schienen die Inhalte in den letzten Jahren ja von der Vielzahl der neuen Lernmethoden fast verdrängt. Jetzt geht es aber nicht mehr nur um das Wie, sondern auch, Was gelernt wird und Warum eigentlich, bewegen die Personaler.
Relevanz des betrieblichen Lernens für die Arbeitergeberattraktivität steigt
Für Saba-Manager Guido Heinz ist klar, dass Lernen heute immer stärker auch zur Mitarbeiterbindung, zur Motivation und zur langfristigen Förderung dient. „Wir haben einen Arbeitnehmermarkt, da wird viel mehr erwartet von der Personalentwicklung.“ Das gilt im Besonderen auch für die Betreuung der Lernenden, glaubt Bianca Fuchs von ML als Spezialistin für Managed Training Services. Natürlich schätzt jeder Anbieter sein Thema, sein Produkt als wichtigen Trend ein. Übergreifende Entwicklungen und Tendenzen sind schwer greifbar. Am Ende entscheiden wie immer die Kunden, was sich letztlich im Markt durchsetzt.
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