Korrekt schreiben und sich gut ausdrücken können, war früher ein Wert an sich. Und deutliches Zeichen für den Bildungsstand eines Menschen. Mit SMS, Twitter, E-Mail und Co. hat sich unser Verhältnis zur Sprache aber geändert. Wildwuchs wohin man blickt. Nun ist es Zeit, für Rechtschreibung und Grammatik eine Lanze zu brechen!

Rauchen AlkoholIm Internet gibt es zahlreiche wirklich lustige Seiten mit Schreibfehlern und Buchstabendrehern auf Schildern, Speisekarten und Ähnlichem (zum Beispiel http://binmitdabei.com/96358). So schön es auch ist, sich über die Unwissenden oder deren mangelnde Sorgfalt zu amüsieren, so bedenklich ist es doch, dass derer anscheinend immer mehr werden. Und dass sie auch scharenweise in unsere Unternehmen und sogar in Chefetagen einzuziehen scheinen!

 

In der Presse war vor einigen Tagen sogar die erschreckende Nachricht zu lesen, dass es nicht nur immer mehr Menschen gibt, die es mit Rechtschreibung und Grammatik nicht so genau nehmen, sondern die sogar als funktionale Analphabeten gelten und schon mit dem Lesen Probleme haben (wie in der ZEIT).

Um was geht es denn genau?

Emails mit Buchstabendrehern wie bei „udn“ sind dabei noch das Geringste. Wer konsequent „dezidiert“ und „dediziert“ verwechselt, wirkt immerhin noch liebevoll verwirrt. Aber täglich sehe ich Nachrichten, Dokumente, Publikationen in denen die Groß- und Kleinschreibung Wilde blüten annimmt, der „Deppenapostroph“ mich frech angrin‘st, korrekte Konjugation eher dem Ausnahme sind. Der Punkt am Ende des Satzes scheint heute entbehrlich geworden zu sein Das Komma ist aus vielen Texten obwohl es eine sehr sinnvolle Möglichkeit ist Satzteile voneinander abzugrenzen ganz verschwunden. Das gute alte Schulwissen über unsere wunderschöne deutsche Sprache scheint tief verschüttet zu sein.

Lösungsansätze

Ab 2003 blinkte kurz ein Licht am Ende des sprachlichen Tunnels auf: Sebastian Sick erreichte mit seinen Büchern „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ und mit seiner Kampagne „Zwiebelfisch“ (empfehlenswert!) Millionen Menschen und konnte durchaus für den Wert einer guten Sprache sensibilisieren. Leider sind er und seine Initiative über die Jahre etwas von der Bildfläche verschwunden.

Dabei ist es heute doch einfach wie nie, Schreibfehler zu vermeiden und sogar Korrekturen der Grammatik zu erhalten! Denn fast alles, was wir im beruflichen Kontext schreiben, schreiben wir am Computer – in Programmen, die alle über eine mittlerweile sehr gute Rechtschreib- und Grammatikkorrektur verfügen. Schon beim Tippen des Fehlers werden wir mit farbigen Markierungen liebevoll auf unser Versehen hingewiesen und erhalten sogar Verbesserungsvorschläge per Klick dazu.

Woran liegt es dann, dass immer noch unzählige E-Mails und Dokumente versendet werden, die vor roten Linien und Hinweisen nur so strotzen? Sind wir so ignorant geworden, oder so oberflächlich, dass uns die sprachliche Richtigkeit schlichtweg egal geworden ist?

Ignoranz im Marketing

Und der sprachliche Verfall macht nicht an der Grenze des Computerbildschirms halt. Viele Schriftstücke wie Briefe, aber auch Flyer, Plakate oder Schilder enthalten Fehler. Nach meiner Zeit im Marketing weiß ich: Jedes dieser Druckstücke ist durch unzählige Hände gegangen. Aber weder Auftraggeber, Marketingagentur, Grafikdesigner noch Druckerei haben den Fehler erkannt und behoben. Waren sie schlicht unaufmerksam und haben den Auftrag schnell durchgewinkt? Oder wussten sie es selbst nicht besser und haben den Fehler gar nicht als solchen erkannt?

Ich sehe deutlich die Gefahr, dass wir alle tagtäglich im öffentlichen Raum und eben leider auch im Business so viele Fehler sehen, dass wir völlig abstumpfen und verlernen, wie es eigentlich korrekt heißen müsste. Wer viel liest (Bücher!), sieht schon auf einen Blick, wenn ein Wort falsch geschrieben ist. Aber diese Fähigkeit scheint abzunehmen. Deshalb müssen wir uns das Gespür für Sprache heute mühsam neu aneignen. Und besser als Fehler zu korrigieren, ist es natürlich, keine zu machen.

Was tun im Unternehmen?

Im Prinzip sehe ich zwei Handlungsfelder bei dieser Thematik:

  • Relevanz und Wertigkeit einer korrekten Sprache wiederherstellen und
  • das Fachwissen in Sprache und Ausdruck verbessern.

Den Wert der korrekten Sprache können wir als HR beeinflussen, indem wir zum einen darauf achten, selbst nur korrekte Schriftstücke – egal in welcher Form – herauszugeben. Zum anderen können wir auch auf Fehler hinweisen. Natürlich angemessen und respektvoll, nicht besserwisserisch und kleinlich. Besonders die Führungskräfte benötigen Feedback, um ihre Kommunikation künftig sorgfältiger zu führen. Dass diese mit gutem Beispiel vorangehen, halte ich für entscheidend. Denn werden die Sitten oben lockerer, tanzen die Buchstaben unten schnell auf dem Tisch.

Wer in seinem Unternehmen in dieser Hinsicht ein substantielles Problem erkannt hat, sollte Schulungsmaßnahmen starten. Das kann klein anfangen, zum Beispiel mit einer täglichen Rubrik à la „Schon gewusst…?“ im Intranet, in der grammatikalische Sachverhalte, Fremdwörter oder Satzbeispiele in wenigen Sätzen vorgestellt werden. Es könnten jedoch auch umfassende Präsenzschulungen sinnvoll sein, die den Bedarf komplett abdecken. Von „Technische Anleitungen lesen und verstehen“ bis „Elegantes Deutsch für das Management“ könnten Angebote dabei sein.

Und wer es selbst nicht besser weiß, aber seine Schwäche erkannt hat, nehme sich doch einfach einen Lektoren oder einen netten Kollegen und lasse sich alle Schriftstücke redigieren! Nichtwissen ist ja per se keine Schande, Ignoranz aber schon. Fehler stehen zu lassen ist unhöflich und eine Missachtung gegenüber allen Lesern.