Digitalisierung ist in aller Munde. Viele CEOs wollen gern vorn mit dabei sein und investieren kräftig in digitale Angebote und Produkte. Dabei vergessen Sie jedoch den wichtigsten Erfolgsfaktor: Die Unternehmenskultur.

Für viele Unternehmen ist der digitale Wandel eine existentielle Bedrohung. Sie haben (noch) nicht erkannt, dass im Zuge des Wandels alte Zöpfe abgeschnitten werden müssen, um weiter als Unternehmen voran zu kommen. Gerade langjährige klein- und mittelständische Familienunternehmen mit einer starken hierarchischen Aufstellung führen nur mit dem Effizienzgedanken. Soll da ein Wandel vollzogen werden, müssen CEOs mit Überzeugungskraft und Mut vorangehen. Denn nur ein von oben vorgelebter Wandel kann funktionieren, dazu gehören eine offene Kommunikationskultur und ein veränderter Umgang mit Hierarchien und Wissensvorsprüngen im Unternehmen. Denn oft sind es starre Unternehmensstrukturen, die Mitarbeitende am innovativen Arbeiten hindern. Agiles Projektmanagement und kollaboratives Arbeiten gehören noch zur Ausnahme, es gibt keine Kultur, in der auch Scheitern eine Option ist. Es bedarf daher auch einer Fehlerkultur, die die Mitarbeitenden beteiligt und die bereits den Willen zur Veränderung belohnt.

Die Basis für Erfolg mit digitalen Angeboten ist ein umfassender interner Wandel, denn die digitale Transformation fordert nicht nur eine technische, sondern auch eine soziale Transformation und beide bedingen sich gegenseitig. Dabei ist eine starke Unternehmenskultur wie ein Immunsystem: Sie sorgt dafür, dass Verhaltensweisen oder Vorgehensweisen abgelehnt werden, die im ersten Moment logisch klingen, aber nicht zum Unternehmen passen. Wenn das Umfeld nicht stimmt, kann man noch so modern denken, aber eine Transformation wird kaum durchsetzbar sein. Kultur ist daher immer abhängig von denjenigen, die die Machtträger sind, von ihren Charakteren und ihrer Vision. Jede Führungskraft im Unternehmen ist im Grunde für die Subkultur in ihrer Abteilung verantwortlich. Je mehr Hierarchien es im Unternehmen gibt, je mehr Subkulturen gilt es zu durchbrechen und zu transformieren.
Um diesen digitalen Kulturwandel im gesamten Unternehmen einzuleiten, schlägt Cribb (2016) folgende fünf Schritte vor:

  1. Eine klare Vision: CEOs müssen für ihr Unternehmen eine klare Vision für die Zukunft entwickeln. Die Vision stellt das Transformationsziel über alle Hierarchien dar, an dem sich die Mitarbeiter orientieren können. Nur wer weiß, wohin die Reise geht, kann in die richtige Richtung laufen.
  2. Notwendige Vermögenswerte: Welche Vermögenswerte eines Unternehmens brauche ich zukünftig noch, um die Vision zu verwirklichen? Dies reicht von Mitarbeitenden, über Kundenbeziehungen, Kapital, Anlagen, geistiges Eigentum, Markenwerte, Lieferantenbeziehungen usw. – alles muss geprüft und neu aufgestellt werden. Es kann sinnvoll sein, sich von Geschäftsbereichen zu trennen, um so freiwerdendes Kapital in neue Bereiche zu investieren.
  3. Änderung der kritischen Erfolgsfaktoren: Die klassischen Bewertungsmodelle, um Führungskräfte zu messen, sind häufig konträr zum neuen Denken und Handeln. Es muss ein Paradigmenwechsel stattfinden, denn es kann nicht heißen: „werde kreativer, aber bleib effizient“ oder „mache Neues, aber geh keine Risiken ein“. Hier werden neue Maßstäbe benötigt.
  4. Wandel von oben: Führungskräfte müssen den digitalen Wandel als Chance verstehen, nicht als Bedrohung. Nur die CEOs an der Spitze können den Kulturwandel einläuten. Dabei bedarf es Mut, Überzeugungskraft und einen langen Atem. Denn der digitale Wandel wird Jahre in Anspruch nehmen und wird geprägt sein von Rückschlägen und Niederlagen. Daher ist es wichtig, als Führungskraft Brücken zu bauen, um sicher zu stellen, dass betroffene Mitarbeitende und Kunden die Vision teilen und mittragen.
  5. Externe Sparringspartner: Wenn Unternehmen sich schwer mit dem Wandel tun, hilft oftmals der Blick von außen. Ein Gremium aus Digitalexperten aus der Praxis kann beim Wandlungsprozess helfen.

Diese Anpassung der Unternehmenskultur an die neuen Gegebenheiten stellt eine große Herausforderung für die Unternehmen dar. Das dargelegte schrittweise Vorgehen ist jedoch keine Lösung nach dem Prinzip „One size fits all“. Diese schrittweise Transformation bedeutet eher einen unternehmensspezifischen Übergang von hierarchischen zu netzwerkartigen Strukturen und von einer Präsenz- zu einer Ergebniskultur – mit einer höheren Autonomie der Beschäftigten, mehr Offenheit und Transparenz sowie Mut zu Experimenten.

HR kann diesen Wandel aktiv begleiten und dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden von Beginn an in den Prozess eingebunden werden, um möglichen Vorbehalten und Ängsten rechtzeitig begegnen zu können. Sie müssen kreative Freiräume erhalten, um den Prozess aktiv mitgestalten zu können. Es sollten zielgerichtete und flexible Ausbildungs-, Qualifizierungs- sowie Weiterbildungsmodelle entwickelt werden, mit denen die Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeitenden in einem sich wandelnden Arbeitsumfeld erhalten und erweitert werden kann.

Autoreninfo: Doris Baruck, VHS Regensburg, Beratung und Seminare, Mentoring und Netzwerke, Telefon: 0941 507-4435, E-Mail: baruck.doris@regensburg.de